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Farbe sehen, Farbe drucken

Ob Sie ein Plakat, eine Broschüre oder eine Visitenkarte drucken lassen: spätestens beim ersten Probedruck stellen viele fest, dass die Farben irgendwie anders aussehen als am Bildschirm. Ob blasser, kräftiger, wärmer oder kälter: die Drucke sehen nicht so aus, wie man es sich vorgestellt hat. Warum ist das so?

Warum Farben nie gleich wirken.

Die Antwort liegt nicht in einem Fehler beim Druck, sondern in der Grundlage, wie Menschen Farbe wahrnehmen und wie Farbe technisch erzeugt wird. In diesem Text erfahren Sie anschaulich, warum das so ist, was unser Gehirn damit zu tun hat, und wie Sie realistische Farberwartungen beim Druck entwickeln können.

Farbe entsteht im Kopf – nicht im Objekt.

Zunächst eine vielleicht überraschende Erkenntnis: Farbe existiert nicht „an sich“ in der Welt. Sie entsteht erst in unserem Gehirn. Ein Apfel ist nicht „rot“, weil er eine rote Eigenschaft hätte. Er ist rot, weil seine Oberfläche Licht bestimmter Wellenlängen reflektiert und unser Auge genau diese Wellenlängen registriert. Die Netzhaut leitet die Information über den Sehnerv ins Gehirn, wo ein subjektiver Farbeindruck entsteht. Ein anderer Mensch könnte dieselbe Farbe leicht anders sehen – z. B. wärmer oder blasser.

Farbe ist ein Eindruck, kein physikalischer Fakt.


Bildschirmfarbe ist Licht – Druckfarbe ist reflektierte Farbe.

Warum wirken Farben auf dem Monitor und im Druck so unterschiedlich?
Weil sie völlig verschieden entstehen.

Auf dem Bildschirm (Handy, Monitor, Fernseher):

  • Farben bestehen aus Licht, das aktiv ausgestrahlt wird.
  • Jeder Pixel mischt Rot, Grün und Blau (RGB), um Farbe zu erzeugen.
  • Das Licht trifft direkt ins Auge – hell, leuchtend, oft intensiv.

Im Druck:

  • Farben entstehen durch Pigmente auf Papier.
  • Diese reflektieren nur einen Teil des Umgebungslichts.
  • Gedruckt wird in der Regel mit CMYK-Farben (Cyan, Magenta, Yellow, Key = Schwarz).

Ein Bildschirm sendet Licht – ein Druck reflektiert es. Deshalb wirken Bildschirmfarben oft leuchtender, Druckfarben dagegen matter oder gedämpfter.


RGB und CMYK – zwei verschiedene Farbräume.

Ein weiterer Grund für die Unterschiede: Bildschirm und Druck arbeiten mit unterschiedlichen Farbräumen.

  • RGB (Rot, Grün, Blau) ist ein additives Farbmodell: Je mehr Lichtquellen man hinzufügt, desto heller wird es. Am Ende ergibt alles zusammen Weiß.
  • CMYK ist ein subtraktives Farbmodell: Je mehr Farbschichten man druckt, desto mehr Licht wird geschluckt. Am Ende ergibt alles zusammen Schwarz.

Und: Der RGB-Farbraum ist deutlich größer als der von CMYK. Es gibt also viele Farben, die Sie am Bildschirm sehen können, aber nicht im Druck exakt darstellen können – etwa besonders leuchtende Türkistöne, Neontöne oder kräftige Violetts.

Diese Farben müssen beim Druck automatisch in den nächstmöglichen CMYK-Wert umgerechnet werden. Das kann zu sichtbaren Abweichungen führen.


Weitere Einflüsse: Papier, Licht und Umgebung:

a) Papierfarbe und -struktur:

  • Auf weißem Hochglanzpapier wirken Farben brillanter als auf mattem Naturpapier.
  • Ist das Papier leicht cremefarben, erscheinen Farben automatisch wärmer.
  • Die Saugfähigkeit des Papiers beeinflusst auch, wie stark die Farbe ins Material eindringt.

b) Beleuchtung:

  • Unter Tageslicht wirkt eine Farbe oft anders als unter Kunstlicht.
  • Je nach Lichttemperatur (warmweiß, neutralweiß, kaltweiß) verändert sich unser Farbeindruck massiv.
  • Deshalb gibt es im professionellen Druck sogenannte Normlichtbedingungen – um Farbproben möglichst objektiv vergleichen zu können.

c) Umfeld und Kontrast:

  • Eine Farbe kann je nach Umgebung anders wirken, z. B. heller auf dunklem Hintergrund oder kühler neben warmen Tönen.
  • Das nennt man simultanen Farbkontrast. Unser Gehirn gleicht Farbinformationen kontextabhängig an.

Was bedeutet das für Sie als Kunde?

a) Realistische Erwartungen:

  • Ein Monitorbild ist kein verbindlicher Maßstab für den späteren Druck.
  • Rechnen Sie mit leichten Farbunterschieden, vor allem bei kräftigen oder leuchtenden Tönen.

b) Probedrucke sind Gold wert:

  • Ein Andruck oder Farbproof gibt Ihnen eine realistische Vorstellung vom Endergebnis.
  • Besonders bei hochwertigen Drucksachen oder Markenfarben ist das sinnvoll.

c) Softproofing:

  • Ein kalibrierter Bildschirm kann eine relativ genaue Vorschau bieten.
  • Aber: Nur sinnvoll, wenn auch Papierart, Druckverfahren und Umgebungslicht berücksichtigt werden.

d) Sonderfarben nutzen:

  • Wenn exakte Farben wichtig sind (z. B. für ein Logo), nutzen viele Profis Sonderfarben wie Pantone.
  • Diese werden nicht gemischt, sondern als fertige Farbe aufgetragen – das sorgt für Konsistenz.

Sehen ist subjektiv – Drucken ist technisch.

Farbe ist ein faszinierendes Phänomen: Sie entsteht im Zusammenspiel von Licht, Auge, Gehirn und letztlich auch von Technik, Material und Umgebung. Dass Druckfarben anders wirken als Bildschirmfarben ist kein Fehler, sondern ein Ergebnis davon, wie komplex und sensibel unser Sehen funktioniert.

Wenn man versteht, wie Farben „funktionieren“, kann man gezielter planen und Enttäuschungen vermeiden.

Siehe auch Farben und ihre Bedeutung in der Welt


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